Schriftform ist nicht gleich Schriftform
Verschiedene Gerichte, insbesondere das OLG Hamm (Beschluss vom 24.9.2015 - 27 W 104/15), haben entschieden, dass eine Einladung per E-Mail zur Mitgliederversammlung ausreichend ist – auch wenn in der Satzung die Schriftform hierfür vorgesehen ist.
Diese Aussage ist für Vereine sehr bedeutsam:
Die meisten Vereine haben in ihren Satzungen geregelt, dass die Mitgliederversammlung durch den Vorstand und schriftlich einzuberufen ist. Die Schriftform ist im Gesetz in § 126 BGB geregelt und sieht vor, dass das Dokument eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss. Für die Einladung zur Mitgliederversammlung bedeutet das, dass die Einladung vom Vorstand unterzeichnet werden muss und dann per Post an die Mitglieder*innen versendet werden muss. Eine E-Mail ist für die Einhaltung der Schriftform eben gerade nicht ausreichend.
Die Gerichte legen hier erfreulicherweise einen anderen Maßstab an. Die Schriftform war vom Gesetzgeber nämlich ursprünglich deshalb eingeführt worden, um die Echtheit des Dokuments sicherzustellen und auch, um den Erklärenden zu warnen. Denn wenn ein Dokument mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen werden muss, wird der Unterzeichnende nochmals dazu angeregt, über die Bedeutung seiner Erklärung nachzudenken. Diese Funktionen sind im Wirtschaftsleben wichtig, wenn eine Person eine Erklärung mit großer Bedeutung abgibt, wie etwa eine Kündigung ausspricht. Diese Funktionen sind aber bei der Einladung zur Mitgliederversammlung nur von untergeordneter Bedeutung. Die Einladung per E-Mail ist daher ausreichend.
Das ist insbesondere wichtig für Vereine, um sicherzustellen, dass die auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse wirksam sind. Denn wenn die Einladung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, können Mitglieder die Beschlüsse angreifen oder das Registergericht – wie im Fall des OLG Hamm – Bedenken bei der Eintragung einer Satzungsänderung äußern.